adventure-trip Micho 2021 on two wheels: eight Europian countries – three capitals – 55 days – 6445 k – 33477 m of elevation

Verrückte Radreise über 6445 Kilometer durch acht europäische Länder

In 55 Tagen auf zwei Rädern unterwegs besuchte der Laufer Ausdauersportler und Ironman-Triathlet Michael Lorenz Dänemark, Schweden, Finnland, Estland, Lettland, Litauen, Polen und die Tschechei. Die dabei absolvierten 33477 Höhenmeter entsprechen vier, unter Radsportlern beliebten, sog. „Everestings“. Mit 30 Kilogramm Gepäck allerdings.

wie es zu der Reise kam

Motiviert und fit für den Triathlon in Glücksburg am 01.08.2021 brach Michael Lorenz Anfang Juli Richtung Flensburg von Lauf an der Pegnitz auf, um beim Ostseemann, Reinhard Husen, der diesen Triathlon über die Ironmandistanz (3,86 – 180,2 – 42, 195) organisiert, inzwischen zusammen mit seinem Sohn Torben, guten Tag zu sagen. Denn der Veranstalter hatte wie schon im Vorjahr die Jubiläumsausgabe des ihres Wettkampfs mit Militärwertung und Meisterschaft abgesagt. Heuer allerdings bei einem Inzidenzwert von 2 und erst sechs Wochen im Voraus. Ein mehrwöchiges Trainingscamp vor Ort war bereits in der Holnis gebucht. Das Vertrauen in den Veranstalter ist gesunken, viele Leute sind furchtbar enttäuscht. Sollte der OstseeMan (OM) auch 2022 zum dritten Mal in Serie ausfallen dürfen? Soviel zum allgemeinen, triathletischen Hintergrund.

Auch Michael Lorenz hatte für die Jubiläumsausgabe der Traditionsveranstaltung (20. Auflage) bereits zweimalig für trainiert. Als Gag hatte sich der Laufer Ausdauersportler etwas ausgedacht für heuer im Vorfeld: Anreise mit einem Gravel-Bike aus Aluminiumrahmen, um die Ursprünge und Grundwerte der noch jungen Sportart im Kontrast zur Materialschlacht der Hauptströmung in der Szene derzeit, mit Zeitfahrrädern aus Karbon und eSchaltungen bis hin in den fünfstelligen Bereich – ein Time-Trial-Bike (TT) ist heute mehr Statussymbol als Arbeitsgerät –  zum einen und Umweltschutz zum anderen zu betonen. Der Umbau des mit 28mm Mänteln bereiften Geländerennrads zum Flitzer, mit tiefem Auflieger, dünnen Slicks und Aerotrinkflaschen war vor Ort geplant. Zudem transportierte Lorenz Rennanzug, Startnummernband, Neoprenanzug, 36 Power-Gels, zwei große Energieriegel, Schwimmbrille, Laufschuhe und natürlich einen Helm mit sich. Daraus sollte wie erwähnt nichts werden, weil der Wettkampf eben sechs Wochen vorher abgesagt wurde. Wie passt das nun zusammen? Lorenz wusste ja bereits am 4. Juli, dass der OstseeMan nicht stattfindet. Wollte er etwa als Einzelkämpfer einen Privattriathlon dort durchziehen? Oder wohin mit der Form? 

In weiser Voraussicht hatte der Laufer am Valentinstag, dem 14.2. 2021, einen IRONMAN gemeldet, den in Finnland, und diesen dann im Frühling auf den in Polen (Premiere, 1. Auflage) umgebucht wegen der coronabedingten Einreisbestimmungen in das skandinavische Land. Der Plan war also bei den Husens „hallo“ zu sagen, in der wunderschönen Holnis zu trainieren, da der Zeltplatz bereits gebucht war verbindlich und mit persönlicher Zusicherung dem Campingplatzinhaber gegenüber auch wirklich zu kommen. Lorenz hatte nämlich Glück gehabt überhaupt noch irgendwo dort an der Ostsee unterzukommen, weil ja auch 2021 wieder nicht sicher war, ob der OM stattfindet und so hatte der Triathlet abgewartet und deswegen sich erst Anfang Juni entschlossen verbindlich eine Bleibe zu buchen, welche dann auch noch wegen der Absage des OM Mitte Juni umgebucht werden musste, um von dort rechtzeitig nach Polen aufbrechen zu können – mit dem Gravel-Bike allerdings von Glücksburg nach Polen zum Enea Ironman Gydina in die Danziger Bucht, um so Extremradsport und die Teilnahme an einem IRONMAN (IM) einem Triathlon über 226 Km, doch noch kombinieren zu können.

Startschuss des Abenteuers am Independence Day, den 4. Juli 

Gut motiviert trat der Mann ab dem vierten Juli in die Pedale. Nach geglückter Anreise über die Röhn, dem Weserradweg folgend, entschied sich Lorenz, nachdem er die Elbe nach Glückstedt mit der Fähre überquert hatte, an der Landesgrenze nach Norden nicht den kürzesten Weg nach Polen zu nehmen, also nach Plan A vorzugehen, „obschon die Luft raus war“, so der Lorenz, „weil es beim IM im Unterschied zu OM keine Militärwertung gibt.“ Vor Ort Ecke Flensburg kam hinzu, dass „die Badestrände in Norddeutschland von Wohnmobilen und Campern gesäumt waren, um es politisch-moderat zu formulieren“ Lorenz befürchtete, dass dies bis Stettin auch so wäre. Nach neun Tagen im Sattel und 1200 Radkilometern befand sich Lorenz an der Grenze zu Dänemark und hatte Zeit am ersten von viereinhalb Ruhetagen von 55 Tagen zu überlegen. Hintergrund: die Radreiseecke „Baltische See“ hatte Lorenz bereits 2020 im Blick, radelte im letzten Jahr allerdings wegen der damaligen Absage des OM und der Coronalage in Schweden zum Surfen nach Frankreich an den Atlantik. Und heuer? Eine Kombination aus Extremradfahren und Ironman-Triathlon? Um Jonas Deichmann bei seinem „Welttriathlon“ zu übertrumpfen als der schnellere? Deichmann absolviert 120 Ultras. Lorenz hätte mit einer Radreise in Kombination mit einem Ironman auch einen Spezialtriathlon fabriziert, zumindest in der Größenordnung wie 15 – 3500 – 44. Warum also nicht gleich ins Ausland radeln, das Trainingscamp in der Holnis an der schönen Ostsee absagen und Abenteuerurlaub machen? Wie dem auch sei, eine Weiterreise, nicht etwa über den Ostseetradwanderweg, sondern über Dänemark nach Schweden und von dort mit der Fähre von Karlskrona in Südschweden aus nach Danzig lang zu diesem Zeitpunkt durchaus im zeitlichen Rahmen. Erst in Schweden sollte der Laufer Teile seiner Triathlonausrüstung mit Gewicht von 1,5 Kilogramm postalisch nach Deutschland zurücksenden, um das Vorhabe, wie vergleichsweise Jonas Deichmann einen Welttriathlon einen Europatriathlon zu basteln, aufzugeben? 

Phase I: Dänemark, Schweden und Finnland

Letztlich hatte der Sportler genug von dem Virus und reiste kurz entschlossen als Zweifachgeimpfter nach Dänemark ein. Als er mit Maske erstmalig in ein Restaurant ging, wies man ihn ganz entschieden darauf hin, dass er seinen Coronapass vorzeigen muss, die Maske könne er abnehmen (außer in Lettland gilt in keinem der bereisten Länder eine Maskenpflicht). Beflügelt vom Grenzübertritt und der Maskenfreiheit, sowie den Hinweis, dass die Dänen die Deutschen als Touristen nicht wollen, hielt der Laufer noch an seiner Theorie und damit Plan B fest, radelte zügig flachetappig nach Fredrikshafen, um dort mit der Fähre nach Göteborg überzusetzen. Trotz landesuntypischer Hitze spulte der Athlet viele Radkilometer relativ leicht ab, so dass in Schweden erste Schwimm und eine Lauftrainingseinheiten durchgeführt werden konnten (vgl. erstes Bild). 

Schließlich musste auch die Durchführung des Triathlons in Polen ungewiss bleiben, und so ging Lorenz dreieinhalb Wochen vor dem Wettkampf in Polen am 8.8.2021 in Gydina endgültig der Gaul durch. Mitten in Schweden änderte er die Fahrtrichtung von Südost auf Nord ab. Durchaus angefressen über erneute Intransparenz verzichtete der Triathlet auch auf Besuche der Laufer Partnerstadt Nyköping und der Hauptstadt Stockholm, um dann in der Einsamkeit Skandinaviens angekommen festzustellen, dass der Fährbetrieb des an der baltischen See befindlichen Hafens der Industriestadt Sundsvall nach Vaasa eingestellt wurde. Vordergründig wegen mangelnder Ankerplatztiefe, aber auch wegen ausbleibender Touristen, so die Einheimischen vor Ort. Daher musste der Laufer weiter bis Umea, um nach Finnland übersetzten zu können. Umkehren war keine Option. Südschweden verlassend erwies sich die Navigation nach Nordschweden als schwierig, da der Ironman nicht auf der Autobahn E4, wie ein Paar aus Sachsen, die ersten und einzigen bike-packer, auf die Lorenz in Skandinavien traf, fahren wollte. An einem der vielen toten Enden, ein sehr gewöhnungsbedürftiges Unterfangen nach dem Weg zu fragen und dann an einem Privatstrand herauszukommen, von wo aus es nicht weitergeht, aber sehr schön ist, kam Lorenz der Zufall zu Hilfe. Denn dort liegt ein idyllischer Fluss, der in einen See mündet. Ein Ingenieur aus Biberach, der mit dem umgebauten T2-VW-Bus seines Vaters unterwegs war und in Stockholm studiert, ein sogenannter eNomade, installierte die neuesten und gängigen Apps auf Lorenz’ Mobiltelefon. So konnte der Laufer einen für Fahrräder geeigneten Weg anzeigen lassen. Angespornt vom Zufall flog der Laufer die schwedische High Coast hinauf und traute seinen Augen nicht. „Du weißt, dass du in Umea bist, wenn du das Meer wiedersiehst“, so die Einheimischen. Das Meer war wieder da, weitaus erfreulicher war die Tatsache, dass im Hafen des nördlichsten Punkts der Reise eine Fähre in der frühabendlichen Sonne ankerte. 25 Minuten vor Ankerlichtung um 18.00 Uhr ergatterte der überglückliche Sportler ein Ticket, musste dann aber um 23.30 Uhr Ortszeit nach Finnland, im Gegensatz zu Schweden in der EU, einreisen. Ein Grenzbeamter fragte ihn dort angekommen nach seinem Coronapass, als Zweites nach seiner Identifikation (ID), nachdem der Mann erst den Coronapass in Augenschein genommen hatte also (Identifikation? Papiere; Reisepass und/oder Personalausweis). Im Gesprächsverlauf erhielt der Individualreisende den Tipp, auf einem Sportplatz nur 1,5 Km vom Fährhafen in Vaasa entfernt zelten zu dürfen, um so sicher die Nacht zu verbringen. Nun, so weit, so gut. Wegen des Sonnenstands war der Zeltaufbau gegen Mitternacht kein Problem. Doch wie ging es nun weiter? Auf das Nordkap hatte der Laufer keine Lust. Zum einen hätte er einen wärmeren Schlafsack kaufen müssen, zum anderen spielte das Wetter nicht mit. Zwar wurde auch Schweden Ende Juli noch von untypischer Hitze geplagt, allerdings rechneten die Einheimischen mit einer Änderung der Großwetterlage auch in Skandinavien. In Deutschland gab es zu diesem Zeitpunkt Überschwemmungen. Auch wegen der Mainstream‘ler in Sachen bike-packing verwarf Lorenz diese Option. „Auf dieses Völkchen Ecke Nordkap, auf haufenweise Moskitos, durch das prognostizierte, schlechte Wetter mit bedingt, sowie auf die Monotonie hinauf zum Kap und damit 1000 Km ein- und derselben Straße zu folgen hatte ich keine Lust.“ Noch in westfinnischen Vaasa erwischte Lorenz der Regen, so dass er früh morgens Schutz in einem Bushäuschen suchte und die große Skandinavienkarte herausholte. „Der Blick über der Tellerrad war riskiert und der Gaul eingebremst“, so Lorenz im nach hinein. Der stand nun allein auf weiter Flur. Mit dem Zug nach Helsinki fahren und dort die Fähre nach Kiel nehmen? „Hier ist nichts“, so die Finnen. Außer die Städte Rauma (UNESCO Weltkulturerbe), Pori und Turku, die Lorenz besuchte, wie natürlich auch zahlreiche, weitere, teilweise einsame Sand- und Traumstrände, Seen und Buchten, die Touristen vermissen ließen oder eben in Privatbesitz sind (zweites Bild: glückliches Ende eines langen Tags in einer für die Baltische See typischen Bucht). 

Als schwierig erwies sich auch die Tatsache, dass die Sonne nun in der „falschen“ Himmelsrichtung auf- bzw. unterging, da die Fahrtrichtung nach Wochen in Richtung Nord nun über Nacht um 180° nach Süden geändert wurde. In Helsinki angekommen lotste die App Lorenz zum Yachthafen. Es gibt drei Häfen in der Hauptstadt. So kam der Laufer in den zweifelhaften Genuss einer Stadtrundfahrt auf zwei Rädern. Im richtigen Hafen angekommen reihte er sich gleich ein und schon 15 Minuten später legte die Fähre nach Tallin ab. Auf diese Weise konnten zwei europäische Hauptstädte an einem Tag besucht werden. Zudem stellte sich heraus, dass der Ironman Estland in Tallin ausgetragen wurde gleich am nächsten Tag, dem 07.08.2021. Auf Gespräche mit Athleten am Rennvortag konnte Lorenz nicht verzichten, ebenso wurden Teile der bereits abgesperrten Lauf- und Radstrecke inspiziert, und bei der Gelegenheit radelte der Laufer einfach weiter, machte die 100 Kilometer voll, um den Sonnenuntergang am Ende eines aus seiner Sicht nicht mehr zu überbietenden Reisetags in Estland zu genießen (drittes Bild: Sonnenuntergang in Nordestland).

Phase II: Estland, Lettland, Litauen

Von Tallin aus stattete der Individualreisende dem romantischen Happsalu und der „Perle an der Ostsee“, namentlich Parmu, Kurzbesuche ab. Auf die beiden vorgelagerten, großen Inseln setzte Lorenz aus Zeitgründen nicht über, ebenso wenig besuchte er das ehemalige Memel und heutige Klaipeda in Lettland, welches die Partymetropole dort ist. Allerdings wurde die Hauptstadt Riga nicht ausgespart. Hier ließ sich ein Ruhetag gut verleben, wurden neben Industriehafen, KZ-Gedenkstelle und Mittagspause im Stadtparkcafe auch die bildschöne, alte Innenstadt, wie auch die moderne Architektur im Westen der Metropole vorwiegend besucht. Es stellte sich für den Triathleten heraus, wieder rum in Gesprächen mit Einheimischen, dass Estland von der Mehrheit der Bevölkerung so gewollt zu Skandinavien zu zählen ist. Im Unterschied zu Lettland sind in Estland auch Elche und keine Hirsche auf den weißen Verkehrswarnschilder rotumrandet. Sikahirsche gibt es dort übrigens nicht, diese wurden vor einiger Zeit von einem Grafen in Tschechien aus Japan kommend ausgesetzt und damit ausgewildert, und verbreiten sich nur in der Tschechin invasiv. Zudem sehen sich die Balten als eigene Volksgruppe insgesamt, weder den Russen noch den Slawen zugehörig. Bereits die Vikinger sollten Karten erstellen, wie man die Balten am Besten meidet. Zu meiden galt es auch „ein Verradeln in der Meerenge von russisch Gibraltar“, dem Grenzstreifen zwischen der russischen Enklave Kaliningrad (ehemals Königsberg, zu der auch Tilsit zählt) und Weißrussland. Wegen des Embargos sah Lorenz nur ein einziges Flugzeug am Himmel bei seines Transits durch das gesamte Baltikum. Während der Engstelle und in Litauen, an der Grenze zu Polen, sowie auch gleich in Polen zweimal postwendend, wurde der Bayer viermal von der Polizei gemustert. Einmal warteten die Beamten bereits mit Fernglas auf ihn. Durchsucht wurde der Radler nicht. Allerdings mag es wegen der Covid19-Pandemie bedingten Abwesenheit von Touristen nicht verwundern, dass man ihn spätestens in Polen für einen Spion hielt, hier im Unterschied zu den Balten auch bei jüngeren Personen. Festzuhalten bleibt, dass das Baltikum viele lohnenswerte Ziele birgt. Die Balten selbst sind stolz Balten zu sein. Wie in Polen finden sich zahlreiche,sehr sehenswerte sakrale Bauten und schöne Häuser und Gebäude, die aus der Kaiserzeit stammen. Für Besichtigungen bleibt auf einer Extremsportindividualreise allerdings wenig Zeit, zumal Ruhetage passiv und nicht als aktive Ruhetage gestaltet werden sollten. Entsprechend nervig zugleich aufregend war und das Fotografieren, insbesondere falls der Akku von Kamera und Mobilfunkgerät im kritischen Bereich („almost down“, „close to die“, „low batt“, charge battery) lag. Denn wie in Skandinavien gibt es in Estland, Lettland und Litauen zahlreiche Motive (viertes Bild: im Bild der Laufer Sportler Michael Lorenz. Wo geht es hier nach Lettland? LV? 1 Kilometer). Der Grenzübertritt nach Polen erfolgte ohne jegliches Briefing.

Phase III: Polen und Tschechei

Vom phasenweise sehr schlechtem Wetter gescheucht – Lorenz konnte bereits in Lettland (LV), und nicht etwa in Litauen  (LT) eines Abends sein Zelt, wegen eines Sturms, wie er im Buche steht, an der Küste nicht aufbauen und musste damit bis tief in die Nacht warten – fand der Radreisende sich die ersten beiden Tage nur schwer in den noch vom Sozialismus, aber auch von Glasnost und Perestroika, geprägten nordpolnischen Städten zurecht. Nicht wenige Menschen, darunter auch Balten, so stellte Lorenz auf seiner Reise fest, möchten lieber wieder unter die Schirmherrschaft Russlands. Nicht wenige hingegen sind stolz in der NATO zu sein. Europäischer Gedanke? Hier muss noch viel Überzeugungsarbeit geleistet werden? Nicht so sehr in Tschechien. Womöglich schweißt die Coronakrise die Menschen in ihren nationalen Identitäten mehr zusammen als der europäische Gedanke? Am vierten Radreisetag in Polen, Menschen, die sich selbst als „sehr familiär und verrückt“ beschreiben, mit verursachte Lorenz einen Unfall auf einer Landstraße. An der Stelle gilt Überholverbot, weil die Mittellinie dort durchgezogen ist und auch durch ein entsprechendes Verkehrsschild so als solche gekennzeichnet.. Radfahrer in Polen? Ungewohnt für Kraftfahrzeugfahrer. Lorenz fuhr an dieser Stelle so weit rechts wie möglich, zumal ein LKW entgegenkam und er das von hinten heranrasende Auto hörte. Der Fahrer nahm keine Rücksicht auf den Radler und ging nicht vom Gas, touchierte die linke, hintere Packtasche (die zwei Packtaschen vorne sind ein spezielles für dieses Model zulässiges sog. low-rider Packtaschensystem), welche aus der Verankerung des Gepäckträgers geschleudert und nunmehr nur von einem am Gepäckträger zur Sicherung des Zelts befindlichen Spanngurtes mitgeschleift wurde. Das Rad samt Fahrer machte einen Hopser. Einen Sturz konnte Lorenz jedoch vermeiden. Der PKW bremste, fuhr rechts in den Seitenstreifen und setzte den Warnblinker. Eine Frau stieg aus. Zeugen gab es kein, verletzt wurde niemand. Michael Lorenz sicherte zuerst die Unfallstelle. Die Fahrerin sprach kein Wort Englisch, Gestik und Mimik deutend wiegelte sie ab. Aber die seine Packtasche war kaputt. Da die Frau ihre Schuld zudem nicht einsah rief der Radsportler die Polizei, die nach einer Stunde beharrlichen Wartens eintraf. Papiere wurde sichergestellt. Nach einer halben Stunde bekam der Deutsche seinen Personalausweis zurück. Erst dann wurde auch er befragt. Er bestand darauf, dass sich die Frau entschuldigt. Diese streckte nun auch dem Deutschen die Hand entgegen. Lorenz wertete dieses als solche. Schuldeinsicht? Fehlanzeige. Im Gegenzug und in Gegenwart der polnischen Polizei verzichtete Lorenz allerdings dann doch lieber gerne darauf, die deutschen Kollegen einzuschalten. Schließlich inspizierte die polnische Polizei sein Fahrrad. Die Verankerung der nicht unbedingt preisgünstigen Tasche war kaputt. Lorenz sagte, er könne das zu Hause reparieren und fixierte die Tasche mit einem Spanngurt ordnungsgemäß. Dabei hielt ein Polizist das Fahrrad. Vom Gewicht vermutlich überrascht fiel das Rad nun doch noch in den Graben und lag dann dort kopfüber. „We finally made it“, sagte Lorenz. Mit vereinten Kräften barg man das Rad der Marke eines oberpfälzerischen Herstellers. Weiter kaputt ging nichts, alle drei Parteien überzeugten sich davon und schließlich wünschte der des Englischen mächtige Polizist Lorenz nochmalig ein „have a nice day.“ Der lies den Vorfall auf sich beruhen, vervierfachte seine Vorsicht und erholte sich auf Schotterwegen und sandigen Pisten die nächsten zwei Tage von dem Schock des Aufpralls und des damit verbundenen, lauten Knalls. An einem Camping-Platz nach Weichselüberquerung in Plotch wurden neue Bremsbeläge in die Scheibenbremssysteme eingebaut. Dieses war auch zwingend notwendig, da es bei Frankenstein, einem malerischen Ort in Südpolen – hier galt es einen mehr oder weniger abgefahrenen Hinterreifen vom Fachhändler ersetzen zu lassen, außerdem ein neues Werkzeugkit zu kaufen, da das alte beim Bremsbelagwechsel  nach etlichen Jahren seinen Dienst quittierte und auseinanderfiel – nicht nur über die Grenze nach Tschechien, sondern auch durch einen Naturpark in die östlichen Ausläufer des Riesengebirges ging. Hier erhielt der Radreisende wie nur in Lettland zuvor eine SMS, so dass sich Lorenz, hier aber erst im achten oder neunten Versuch in das System per Mobilfunk erfolgreich registrieren konnte, dieses Mal allerdings noch rechtzeitig vor der Grenze. Nach Lettland war er bereits eingereist, erst dann erhielt er die den QR-Code betreffende Nachricht. In Tschechien fand der nunmehr mittelschwer mitgenommene Laufer postwendend sehr schöne Radwege vor. „Paradiesische Zustände“, so Lorenz, „radfahrtechnisch betrachtet“. Auch dem Elberadweg galt es zu folgen. Fluss Elbe. Da war doch was. Eine Radwanderung der Elbe entlang von der Mündung zur Quelle – mit sieben Ländern Umweg? Sollte das die Überschrift für einen Zeitungsartikel sein können? Somit fand Lorenz seinen Humor wieder, denn auch Tschechien entpuppte sich individualreisend auf dem Rad als schwierig. Zum einen schien die Sonne wieder nicht sonderlich häufig, so dass die elektronischen Geräte wie Satellitenuhr, Mobilfunk, aber auch Stirnlampe, Rasierer und Radbeleuchtung – die Kamera streikte bereits in Estland wegen Sand im Objektiv – nicht mehr geladen werden konnten autark via Solarpanel (15 Watt). Zudem galt es auch hier, wegen einigen, rücksichtslosen Rasern, die besser asphaltierten Landstraßen zu meiden. Auf einem Längenkreis mit Prag verlies sich Lorenz nur noch auf seinen Instinkt und den Kompass. Südwest? Ok. West? Gut. Nordwest? Schlecht. Im Zickzack-Kurs manövrierte Lorenz sein liebgewonnenes Cube durch die herrliche Landschaft, entdeckte nebst etlichen Zwetschgen, Walnuss- und Mirabellenbäumen auch tiefe Schluchten und Naturschutzgebiete, bevor des galt noch einmal alle Kräfte zu bündeln, um „irgendwo Hauptsache das, irgendwie zwischen Dresden und Pilsen nach Deutschland zu kommen.“

zwei Wochen wie im Mittelalter gelebt

Das Schlimmste waren nicht etwa die Ungewissheiten und Strapazen durch das wilde Campen und die Ausdauerleistung über 6445 Km bedingt. 51 Mal zeltete Lorenz wild. Wegen des Virus bekam diese Reise Expeditionscharakter? Nicht nur in Skandinavien herrschte Einsamkeit, sowie im Baltikum und in Polen, als auch in der Tschechei, hier allerdings wegen der Leblosigkeit und Tristesse ansonsten beliebter wie belebter Ausflugsziele. Hitze, Moskitos, der immer wieder kehrende Regen ab Finnland und auch den Unfall in Polen verkraftete Lorenz ganz gut. Wirklich schlimm war sich als Fremder nicht verständigen zu können. Spätestens in Litauen fühlte sich der Laufer wie ein Analphabet, hielt man ihn in Skandinavien doch noch für einen Extremsportler. In finnischen Turku z.B. wurde Lorenz zufällig von einem Läufer der nationalen Spitze aufgegriffen und filmisch interviewt. Ab Ausreise Litauen den Grenzfluss Neman an der richtigen Stelle überschreitend hielt man den Sportler für einen Spion, ein Umstand, den man so eigentlich nur aus der Radreiseliteratur nach dem Mauerfall kennt, da auch jüngere Menschen vor allem in ländlichen Regionen nichts mit einem einzelnen, offensichtlich fremden Radfahrer mit seinen Packtaschen auf verlorenem Posten quasi anzufangen wussten. In der Hauptsache also deswegen schlimm, weil durch das zügige Reisen neue Floskelsätze und Vokabeln in der jeweiligen Landessprache nicht mehr erlernt werden konnten und eine Verständigung daher schon in Lettland kaum noch möglich war. Letten z.B. beschreiben sich überdies selbst nicht unstolz gerne als „verärgert und hungrig“. Dieses ungewohnt schroffe Verhalten besserte sich bis auf ganz wenige Ausnahmen weder in Litauen, weil Lorenz hier mit Navigation beschäftig war, noch im von Landwirtschaft geprägtem, polnischen Inland. Tatsächlich ist es so, dass man mit ein paar Worten Russisch in Polen besser zu Recht kommt als mit Englisch. Zu den über lange Tage auf zwei Rädern auf schlechten Straßen und Pisten unterwegs kamen viele, viele LKWs, häufig Traktoren und das landestypische, temperamentvolle und rücksichtslose Fahrverhalten, kaum Campingplätze, sowie die Anstiege in den Mittelgebirgen Polens und Tschechiens, in Böhmen zusätzlich die regionaltypische Kälte. In den letzten zwei Wochen wie im Mittelalter als Vagabund lebend wurde die Abenteuer- und auch die Herausforderungslust des Laufer Athleten gestillt, indem ihm „immer wieder Bilder und Textinhalte aus den Geschichtsbüchern der Schule mit dem Thema „Flucht aus den Ostgebieten nach dem 2.Weltkrieg“ durch den Kopf gingen“.

Schlussetappe über 203 Kilometer

Kurz vor dem Brechpunkt in Westböhmen auf 769m über Meereshöhe befindlich bei 4,5° Kälte und Regen im nassen, hohen Gras an einem Jägersteig campierend fasste Lorenz, „um die Kurve wieder zu kriegen“, frühmorgens den Entschluss voll durchzuziehen, baute sein Zelt ab und nahm eine weitere Königsetappe in Angriff. Bis dato betrug die längste Etappe 173 Km noch in Mittelschweden so absolviert. Von Zlutice aus in die Bundesrepublik Deutschland einreisend durchquerte der Laufer das oberpfälzische Tirschenreuth, Partnerstadt der Stadt Lauf an der Pegnitz und Hauptfirmensitz seines Gravelbike-Fabrikanten, erradelte sich bei zum Schluss hin strömenden Regen mit zweinhundertunddrei Kilometern eine Ironmanüberdistanz und holte mit 1799 Höhenmetern den zweiten Rekord am Schusstag der seiner abenteuerlichen Individualradreise. Dafür saß der Extremsportler 11 Stunden und 5 Minuten im Sattel, verzichtete auch am letzten Tag nicht auf sein Markenzeichen. In Flip-Flops, „ein Schuhwerk, das niemals nass wird“, kehrte der Extremsportler ohne einen einzigen platten Reifen und technischen Defekt in die Kreisstadt zurück, so dass auch diese verrückte Reise von Michael Lorenz als geglückt verbucht werden konnte. 

Phasen IV und V des Europatriathlons mit abschließender Teilnahme am Half-Ironman Tiberias  am See Genezareth am 12.11.2021 in Israel?

Phase IV, Österreich und den Balkan die Adriaroute entlang, sowie Phase V des geplanten „Europatriathlons“, Griechenland oder Türkei, Zypern und Israel, um somit auf 10000k zu kommen wurden während der Reise verworfen, da die Bundesregierung zum einen Israel als Hochrisikogebiet, aber auch die Türkei zum anderen, und leider auch Montenegro als solches ausgewiesen hatte. Derzeit macht Lorenz 1 Woche Pause zu Hause. Das Wetter ist heute – edith today: wie auch am 30.8.2021 – kalt und regnerisch. Eine Weiterreise ist in Summe unwahrscheinlich, weil a) Lorenz keine Lust mehr hat es Deichmann gleichzutun, sein Welttriathlon beweist gar nichts, weil es kein Triathlon ist und b) es auch Spaß machen soll. Lust hat Lorenz schon, auf den Mittelmeerraum, so ist es ja nicht. 😉 

Ein Gedanke zu „adventure-trip Micho 2021 on two wheels: eight Europian countries – three capitals – 55 days – 6445 k – 33477 m of elevation

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